Angesichts der erstmaligen Überschreitung des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaabkommens im Jahr 2024 sind Maßnahmen zur Emissionsreduktion wichtiger denn je – einen wichtigen Beitrag hierzu könnten sogenannte Carbon Capture-Verfahren leisten, bei denen Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre entnommen und gespeichert oder kreislaufmäßig genutzt wird. Diese Technologien stehen im Mittelpunkt der neu erschienenen Analyse „Carbon Capture: Dekarbonisierung durch CO2-Entnahme“ des FERI Cognitive Finance Institute. Der Bad Homburger Thinktank untersucht darin sowohl technische Grundlagen als auch mögliche Auswirkungen unterschiedlicher Carbon Capture-Ansätze. Die Analyse wirft einen genauen Blick auf die Hauptakteure weltweit und untersucht Chancen und Risiken – auch für Unternehmer und Investoren.
Obwohl die Reduzierung von Treibhausgasen eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels einnehme, sei eine Trendwende bei der Emission des für die Erderwärmung hauptverantwortlichen Treibhausgases CO2 bisher nicht in Sicht, so die Analyse. Gezielte Maßnahmen zur Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre rückten deshalb verstärkt in den Fokus. Neben natürlichen Methoden, wie der Auf- und Wiederaufforstung, würden vor allem technologische Carbon Capture-Verfahren an Bedeutung gewinnen, um CO2 aus der Atmosphäre zu entnehmen und abzuscheiden sowie zu speichern (sogenanntes Carbon Capture and Storage, CCS) oder kreislaufmäßig zu nutzen (sogenanntes Carbon Capture and Utilization, CCU).
Bislang sind Carbon Capture-Technologien oft nur zu Forschungs- und Erprobungszwecken gestattet. „Ohne großvolumige Entnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre ist es laut Weltklimarat IPCC jedoch unmöglich, die Temperaturziele des Pariser Weltklimaabkommens von 2015 einzuhalten“, so Dr. Heinz-Werner Rapp, Gründer und Leiter des FERI Cognitive Finance Institute. Folgerichtig werde die Technologie weltweit als wichtiger Bestandteil im Kampf gegen den Klimawandel anerkannt und auch in Deutschland vorangetrieben. So habe das Bundeskabinett zwar 2024 noch die Eckpunkte einer Carbon Management-Strategie beschlossen – nun hänge es aber von der neuen Regierung ab, wann und in welchem Umfang hieraus konkrete Gesetze und politische Maßnahmen hervorgehen.
Zielführende Technologien für Carbon Capture seien zurzeit noch extrem kapital- und energieintensiv und „auch die abgeschiedenen und gespeicherten CO2-Mengen erinnern eher an einen Tropfen auf dem heißen Stein“, so die Analyse. Zudem mangele es noch an einer leistungsfähigen Infrastruktur, um abgeschiedenes CO2 verlässlich transportieren zu können. Sicherheits- und Umweltfragen, etwa hinsichtlich der Lagerung des Treibhausgases in unterirdischen Gesteinsspeichern, stellten weitere Herausforderungen dar, ebenso sich stark ändernde nationale Klimaziele. Wie das Beispiel der USA zeigt, könnten Regierungswechsel künftig dazu führen, dass sich Rahmenbedingungen signifikant ändern und bestehende Förderprogramme abgeschafft beziehungsweise reduziert werden.
Auch deshalb dürfe Carbon Capture nicht als Allheilmittel gesehen werden und entlasse Politik und Wirtschaft nicht aus der Verantwortung: „Angesichts der Herausforderungen und Risiken für nahezu alle Technologien im Bereich Carbon Capture sollte im Sinne des Vorsorgeprinzips die Vermeidung von Treibhausemissionen nach wie vor das oberste Leitprinzip für eine nachhaltige Klimaschutzpolitik bleiben“, so Rapp.
Wie sich Carbon Capture-Technologien künftig durchsetzen und welche Rolle sie bei der Bekämpfung des Klimawandels letztlich spielen werden, hängt laut Rapp auch stark von den politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen ab: „Die nächsten Jahre sind entscheidend, um Carbon Capture-Technologien großtechnisch zu skalieren und dabei deutlich kosteneffizienter zu machen.“ Wenn die richtigen Weichen gestellt würden, biete ein künftiger Carbon Capture-Markt jedoch äußerst attraktive Wachstumschancen.
Genau deshalb zeigten speziell institutionelle Investoren schon heute verstärktes Interesse an Carbon Capture-Projekten – sowohl über natürliche Methoden als auch über technologische Verfahren wie CCU oder CCS. Treiber seien hierbei sowohl intrinsische Motive – etwa der Anspruch, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten – als auch die Möglichkeit, attraktive finanzielle Renditen aus geeigneten Projekten zu erzielen.
„Unternehmer und Investoren sollten Chancen und Risiken der Carbon Capture-Technologie im Rahmen einer ganzheitlichen Analyse berücksichtigen“, so Rapp. „Parameter wie technischer Fortschritt, technologische Reife und Wirtschaftlichkeit einzelner Ansätze sowie deren grundsätzliche Sinnhaftigkeit im Kampf gegen den globalen Klimawandel sind dabei von zentraler Bedeutung.“
Das neue Cognitive Briefing „Carbon Capture: Dekarbonisierung durch CO2-Entnahme“ unterstützt beim Verständnis und der Bewertung dieser Technologie sowie ihrer Chancen und Herausforderungen. Die Analyse steht auf dieser Seite zum Download zur Verfügung.